Frage 1: Was sind die kritischen Punkte beim Fußboden? Welche Probleme könnten beim Bodenbelag auftreten?
Josef Spritzendorfer: In der Vergangenheit wurden für den Fußbodenaufbau oft teerhaltige Produkte eingesetzt, welche über lange Zeiträume für die Abgabe von so genannten krebserzeugenden PAKs (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) verantwortlich gemacht werden können.
Holzfußböden werden aber auch heute noch oft mit gesundheitsbeeinflussenden Stoffen an den Oberflächen behandelt (Öle, Lacke). Wesentlich gebessert hat sich diese Situation durch die seit Januar 2011 vorgeschriebenen Emissionsprüfungen für eine bauaufsichtliche Zulassung durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBT). Laminatböden wirft man vor, dass in vielen Fällen kritische Kleber eingesetzt werden und der Boden stark elektromagnetische Aufladungen verursacht.
Teppichböden können dagegen zu Niststätten für Milben werden - zudem sind manche Teppichrücken dauerhaft stark geruchsintensiv (Styrol-Butadien). Zusätzlich können die Kleber ebenfalls hohe Schadstoffbelastungen in der Raumluft verursachen. Naturteppiche können Pyrethroide als Mottenschutz beinhalten. Bei Linoleum und Korkböden können Oxidationsprozesse zu starken Geruchsbelastungen führen (Hexanal, Furfural). Selbst bei Fliesen sollten Bauherren und Hausbesitzer Kleber, Fugenmassen und Randabdichtung gründlich überprüfen, ob daraus Raumluftbelastungen zu erwarten sind.
Frage 2: Was empfehlen Sie gesundheitsbewussten Bauherren als optimalen Bodenbelag?
Josef Spritzendorfer: Grundsätzlich gibt es aus nahezu allen "Bodenbelags-Gruppen" emissionsarme, gesundheitsverträgliche Produkte, deren Einsatz auch mit gutem Gewissen empfohlen werden kann. Wichtig sind dabei aber stets nicht die "Werbeaussagen" der Hersteller, sondern neutrale Nachweise (wie die Emissionsprüfberichte unabhängiger Prüfinstitute). Auch als solche beworbene "Naturprodukte" müssen nicht automatisch "gesund" sein.
Wichtigste Frage bei Beratungen ist stets, ob es in der Familie Fälle von Allergien oder Chemikaliensensitivitäten gibt. In diesen Fällen gilt es - möglichst in Absprache mit dem Arzt - die Produktgruppen auszuschließen, die zu "Belastungen" führen könnten. Chemikaliensensitive Bauherren sollten auf jeden Fall auf geruchsintensive Produkte verzichten. Empfohlen wird dabei das "Austesten" eines Musters. Einige Tage neben dem Kopfkissen geben meistens schon Aufschluss über die persönliche Verträglichkeit.
Frage 3: Stimmt es, dass Allergiker grundsätzlich auf Teppichböden verzichten müssen?
Josef Spritzendorfer: Keineswegs! Natürlich bieten langflorige Teppiche "Unterkunft" für Milben und deren allergenen Kot. Kurzflorige, regelmäßig gut gereinigte Teppichböden haben aber gegenüber glatten Böden den Vorteil, dass der Hausstaub kurzfristig (bis zur nächsten Reinigung) gebunden wird und weniger "hochwirbelt" als bei glatten Böden. Eine wissenschaftliche Studie der Gesellschaft für Umwelt- und Innenraumanalytik (GUI) im Auftrag des Deutschen Allergie- und Asthmabundes e.V. (DAAB) ergab: "Ein regelmäßig gepflegter Teppichboden reduziert die Feinstaubbelastung der Wohnraumluft erheblich."
Natürlich müssen aber Allergiker bei der Produkt-Auswahl besonders auf die Emissionsarmut des Teppichbodens selbst und des verwendeten Klebers achten. Entsprechende Produktempfehlungen sind beispielsweise bei der Sentinel-Haus Stiftung erhältlich. Chemikaliensensitive Bauherren dagegen müssen vor allem auf die jeweiligen "Gerüche" achten. Für sie können auch die natürlichen Emissionen von Holz, Kork, Linoleum und Holzölen im Einzelfall zur Dauerbelastung werden. Zu beachten ist aber in jeden Fall auch die "Kombinationswirkung" der einzelnen Systemkomponenten.
Frage 4: Worauf sollten gesundheitsbewusste Bauherren bei der Auswahl ihres Bodenbelags besonders achten?
Josef Spritzendorfer: Bestimmte Bestandteile des Fußbodens - also Estrich, Spachtelmasse, Kleber, Grundierung und Bodenbelag - können in manchen Fällen miteinander "reagieren". In Grundierungen sollte Benzylalkohol vermieden werden (Entstehung übelriechenden Benzaldehyds möglich). Ammoniak im Klebstoff kann bei zementären Untergründen und Spachtelmassen zur Freisetzung von Ammoniak führen.
Kompetente Beratung im Fachhandel ist daher gefragt. Seit Jahren bemüht sich das Sentinel-Haus Institut in Freiburg daher, Handwerker, Baustoff-Fachhandel und Planer diesbezüglich zu schulen. Eine umfassende Produkt- und Bauberatung für Allergiker und Chemikaliensensitive Bauherren und Hausbesitzer bietet die Sentinel-Haus Stiftung an.
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