02.04.2020
mehr zu Baurecht
 

UPDATE: Die wichtigsten Tipps für Bauherren in der Corona-Krise

Bauherren müssen sich auf Bauverzögerungen einstellen

Auf den Baustellen kommt es im Zuge der Corona-Krise vermehrt zu materiellen und personellen Engpässen. Private Bauherren müssen sich deshalb auf eine Bauzeitverzögerung einstellen. Auch bei Produzenten von Baumaterialien macht sich die Krise bemerkbar. Lieferengpässe und Mitarbeiter unter Quarantäne sind aktuell die Probleme. Was können Bauherren tun, wenn sich die Lage täglich ändert? Tipps für Bauherren und Immobilienkäufer in der Corona-Krise.

Innenansicht RohbauBild größer anzeigen

Kommt es zu Terminverzögerungen bei Rohbauarbeiten, kann auch der Elektriker nicht beginnen. So potenzieren sich Verspätungen, der Umzugstermin wackelt. In der Corona-Krise sollten Bauherren mit den Firmen im Gespräch bleiben

Foto: aktion pro eigenheim

Aktuell laufen die meisten Bauvorhaben noch weiter, doch die Situation auf den Baustellen ändert sich täglich. So fallen Montagearbeiter aus dem europäischen Ausland aufgrund der aktuellen Einreisebestimmungen zunehmend aus. Auch bei Baumaterialien kommt es zu Lieferengpässen durch unterbrochene Lieferketten, fehlende Zulieferteile und personelle Ausfälle im Anlieferungsverkehr.

Auf Baustellen drohen Terminverzögerungen
Beim typischen Einfamilienhaus bauen viele Gewerke aufeinander auf. Kommt es beispielsweise zu Terminverzögerungen bei Rohbauarbeiten, kann der Elektriker nicht beginnen. Experten empfehlen Bauherren in einem solchen Fall, die Begründung für eine Verzögerung gründlich zu prüfen. Sollte ein plausibler Grund vorliegen, müssen Bauherren die Situation akzeptieren. Wenn der Unternehmer allerdings auf Fragen ausweichend reagiert oder nur in einem Zweizeiler allgemein informiert, kann der Bauherr die Firma schriftlich zur Fortsetzung der Bauarbeiten auffordern.

1. Was tun, wenn die Baufirma mit verfrühten Zahlungsforderungen auf mich zukommt?
In der aktuellen Situation ist es nicht auszuschließen, dass existenzbedrohte Firmen verfrüht mit Zahlungsforderungen an die Bauherren herantreten. Deshalb gilt mehr denn je: Bauherren sollten bei ihrem Zahlungsplan den Baufortschritt im Blick behalten. Ratenzahlungen dürfen immer erst nach erbrachter Leistung fällig werden. Ihre Höhe muss laut Gesetz dem Wert der vom Unternehmer erbrachten und nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen auf der Baustelle entsprechen. Zahlen Bauherren mehr als die erbrachte Bauleistung, haben sie bei auftretenden Mängeln kein Druckmittel zur Beseitigung zur Verfügung. Im Falle einer möglichen Insolvenz wäre das zu viel bezahlte Geld weg.

Mit Baufirmen im Gespräch bleiben bei Lieferschwierigkeiten und Verzögerungen
Da im Augenblick alles in der Schwebe ist und sich die Situation täglich ändert, sollten Bauherren mit den Baufirmen im Gespräch bleiben. Und zwar im Sinne des werkvertraglichen Kooperationsgedankens. Es geht um frühzeitigen Informationsaustausch. Weder sollten jetzt spontan Absprachen getroffen werden, die sich später als Anspruchsverzicht, Leistungsminderung oder unnötige Preiserhöhung auswirken. Schon gar nicht sollten sie Miet- oder sonstige Verträge voreilig kündigen oder sich auf vorgezogene Zahlungen einlassen.

2. Was tun, wenn Haustechnik nicht geliefert werden kann?
Die ersten Firmen teilen Bauherren jetzt auch mit, dass Heizungs-, Elektro- und Lüftungsinstallationstechnik, die in Asien produziert wird, nicht rechtzeitig geliefert und deshalb nicht eingebaut werden kann. Experten raten auch hier zum Gespräch mit den jeweiligen Firmen. Eventuell kann auf eine technische Alternativen ausgewichen werden. Wichtig: Bevor Bauherren hier eine Entscheidung treffen, sollten sie das unbedingt vorher mit einem Sachverständigen absprechen! Das gilt um so mehr, wenn bestimmte Effizienz-Vorgaben für die KfW-Förderung eingehalten werden müssen.

3. Was tun, wenn der Umzug verschoben werden muss, weil das Haus nicht rechtzeitig fertig wird?
Kann der Fertigstellungstermin nicht gehalten werden, verschieben sich auch Umzug und Kündigung der Mietwohnung. Ob die Baufirmen bei Einzugsverzögerungen haften und notfalls sogar die Hotelkosten übernehmen müssen, ist derzeit ungewiss. Denn Schadensersatzansprüche setzen immer Verschulden voraus. Die Beweislast dafür trägt zwar hier die Firma, aber angesichts der Corona-Pandemie ist das Führen eines Entlastungsbeweises im Einzelfall gut denkbar. Überhaupt muss für Verzug die Leistung erst einmal fällig sein. Wenigstens die Bauzeit muss zwar in Bauträgerverträgen und Verbraucherbauverträgen seit 2018 angegeben werden. Es finden sich aber viele Klauseln in den Verträgen, die eine Verlängerung der Bauleistungszeit vorsehen.

Ist die Bauzeitverlängerung in Zeiten von Corona ein Fall höherer Gewalt? Darunter fasst die Rechtsprechung Lagen, die außerhalb der vertraglichen Beziehung angesiedelt sind, von keiner Vertragspartei verschuldet oder auch nur vorhergesehen worden sind und auch nicht vorhergesehen hätten werden müssen und gegen das es auch bei größter Sorgfalt durch die Vertragsparteien keine effektive Abwendungsmöglichkeit gibt. Es ist gut denkbar, dass die Corona-Krise darunter gefasst wird.

Daher sollten Bauherren unbedingt überlegen, ob sich dieser Weg mit allen Konfrontationen lohnt. Ein Umzug ins Hotel heißt ja auch: Einlagerung der Möbel, unnötige Kontakte in Zeiten, in denen Distanz geboten ist, und Stress beim Leben aus dem Koffer. Einmal ganz abgesehen davon, ob Hotels weiterhin offen halten dürfen. Die Verschiebung des Umzugs kann Nerven schonen.

4. Was tun, wenn auf der Hausbaustelle nichts mehr geht?
In der Corona-Krise ist es auch denkbar, dass die Baufirma den Bau einstellt, zum Beispiel, weil zu viele Mitarbeiter krank sind oder unter Quarantäne stehen. Dann ist die Baustelle eventuell von einem Tag auf den anderen verwaist. Gelieferte Materialien stehen ungeschützt im Freien, Regen kann in offene Mauerkronen eindringen. In der Regel ist natürlich die Firma für die Baustelle zuständig, doch wenn sich niemand kümmern kann, sollten Bauherren zusammen mit einem Bausachverständigen die Baustelle kontrollieren und prüfen, was schlimmstenfalls passieren könnte. Auf der leeren Baustelle ist es kein Problem, den gebotenen Abstand zueinander zu halten. Eventuell müssen Mauerkronen vorübergehend abgedeckt werden. Auch Regenrinnen und Fallrohre, die schon installiert sind, sollten Regenwasser sicher ableiten, damit es nicht in den Bau fließt und dort Schäden verursacht. Wenn die Firma trotz Aufforderung diese oder gleichwertige Schutzmaßnahmen nicht in der gebotenen Kürze durchführt, muss bei dann notfalls selbst beauftragten Sicherungsmaßnahmen der Zustand durch den Sachverständigen vorher und nachher genau dokumentiert sein, um bei späteren Streitigkeiten über Mängel und Schäden genügend Nachweise in der Hand zu haben.

5. Was tun, wenn mitten in der Corona-Krise die Bauabnahme ansteht?
Weil Baufirmen nun unter Druck stehen, versuchen manche, fast fertige Bauten möglichst schnell abzuwickeln und abzurechnen. Sie schicken den Bauherren die Aufforderung zur Abnahme mit Fristsetzung. Auf dieses Schreiben sollten Bauherren auch reagieren, allerdings müssen sie den Bau nicht abnehmen, nur weil die Firma das verlangt. Und eine fiktive Abnahme, über die gegenüber Verbrauchern auch in Textform zu informieren ist, damit sie wirksam werden könnte, setzt die Fertigstellung des Bauwerks voraus. Auch hier raten Experten zur Baustellenbegehung mit dem eigenen Sachverständigen. Keinesfalls sollten Bauherren die Abnahme einfach schriftlich erklären.

6. Corona und Baukindergeld: Was tun, wenn ich wegen der Corona-Krise keine Meldebescheinigung erhalte?
Die KfW hat inzwischen in Ihren FAQ einen Hinweis zu Corona und Baukindergeld veröffentlicht. Hier können Sie nachlesen, was wichtig für Antragsteller ist.

7. Was tun, wenn jetzt ein Notartermin ansteht?
Notartermine sollten derzeit noch in allen Bundesländern möglich sein. Sie zählen zu wichtigen Angelegenheiten, die grundsätzlich keinen Aufschub erlauben, da dieser zu einem Rechtsverlust führen kann. In einigen Bundesländern wie zum Beispiel Berlin sind Notartermine sogar ausdrücklich privilegiert. Auch wenn Termine wegen Krankheit oder Quarantäne vereinzelt ausfallen oder verschoben werden müssen - wenn alle Parteien im Gespräch bleiben, findet sich sicher eine Lösung.

8. Was tun, wenn ich jetzt eine Baufinanzierung brauche?
Die meisten Banken sind technisch so aufgestellt, dass die Finanzierungsanfragen so gut wie ohne Einschränkungen abgewickelt werden können. Einige Kreditinstitute haben bereits die Bereitstellungszinsen freie Zeit verlängert oder bieten an, dass für gewisse Zeiträume die Tilgung ausgesetzt werden kann. Ebenfalls gibt es Bestrebungen, bei der 14-tägigen Widerrufsfrist kulante Lösungen zu finden, wenn es zum Beispiel zu Verzögerungen bei Notarterminen kommt. Die Bauzinsen sind nach wie vor niedrig, aufgrund der Corona-Krise gibt es aber Schwankungen beim Baugeld. Käufer sollte ihre Entscheidung jetzt besser nicht von den täglichen Wirtschaftsnachrichten abhängig machen, sondern auf die langfristige Entwicklung schauen.

9. Was tun, wenn die Finanzierung schon läuft, es aber zu finanziellen Engpässen durch Kurzarbeit und Jobverlust kommt?
Auch bei bereits laufenden Baufinanzierungen unterstützen die Banken ihre Kunden, wenn es beispielsweise zu Engpässen wegen Kurzarbeitergeld kommt. Allerdings gibt es hier noch keine einheitliche Vorgehensweise, sondern eher Einzelfallentscheidungen. Bauherren und Eigentümer sollten unbedingt frühzeitig das Gespräch mit ihrer Bank suchen, um eine passende Lösung zu finden. Ebenso wichtig ist es, schon bestehende Lösungen zu nutzen: So kann der so genannte Lastenzuschuss bei der örtlichen Wohngeldstelle beantragt werden und auch das Baukindergeld kann in dieser Situation hilfreich sein. Außerdem dürfen die Raten für den Immobilienkredit aufgrund einer gesetzlichen Regelung seit dem 1. April 2020 vorübergehend gestundet werden.

10. Was tun, wenn Hilfe von Familie und Freunden auf der Hausbaustelle eingeplant ist?
Das ist tatsächlich derzeit schwierig, denn alle sind angehalten, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Haushaltes auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Die Regelungen in den Bundesländern und auch je nach Kommune sind zwar unterschiedlich streng, grundsätzlich aber gilt: Ein Zusammenarbeiten mit Freunden und Personen, die nicht zum selben Hausstand gehören, sollte vermieden werden. Lassen sich Arbeiten auf der Baustelle nicht verschieben, sollte immer auf den Personen-Mindestabstand von 1,5 bis 2 Metern sowie die allgemeinen Hygienebedingungen geachtet werden!

11. Was, wenn unsere Eigentümerversammlung wegen der Corona-Krise nicht stattfinden kann?
Ende März 2020 hat die Bundesregierung mit einer vorübergehenden Änderung im WEG-Gesetz dafür gesorgt, dass Eigentümergemeinschaften weiterhin handlungsfähig bleiben. Damit die Eigentümergemeinschaft nicht in finanzielle Schwierigkeiten gerät, bleibt der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan so lange gültig, bis ein neuer Beschluss vorliegt. Damit bleibt auch das Hausgeld gleich hoch. Darüber hinaus bleibt der zuletzt bestellte Verwalter im Amt. Ausgefallene Eigentümerversammlungen sollten nach der Corona-Krise so schnell wie möglich nachgeholt werden. Wichtige Fragen zur WEG-Regelung beantwortet das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hier.

12. Was, wenn ich derzeit meine Heizkosten und Stromkosten nicht bezahlen kann?
Bis Ende Juni 2020 dürfen in finanziellen Notfällen die Kosten für Strom und Heizkosten gestundet werden. Denn die Bundesregierung hat ein "Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie" erlassen. Wer aufgrund der wirtschaftlichen Beschränkungen die Kosten für Strom und Heizung nicht bezahlen kann, soll vom Energieversorger einen Zahlungsaufschub gewährt bekommen, ohne dass eine Sperrung der Versorgung erfolgen darf. Wer derzeit seine Monatsabschläge oder Energierechnungen nicht zahlen kann, sollte von einem Anbieterwechsel absehen, denn das Leistungsverweigerungsrecht kann nur für Verträge geltend gemacht werden, die vor dem 8. März 2020 geschlossen wurden.

Einige Energieversorger stellen auf ihrer Homepage Formulare für den Zahlungsaufschub zur Verfügung oder versenden diese per Post. Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz bietet einen Musterbrief an. Die Energiekosten müssen Eigentümer aber dennoch im Auge behalten, denn die Zahlungen können zwar aufgeschoben, müssen aber zu einem späteren Zeitpunkt beglichen werden.

mehr zu Baurecht
 
 
 
 
Quelle: Verband privater Bauherren (VPB) / Bauherren-Schutzbund (BSB) / IVD / Hüttig & Rompf / aktion pro eigenheim / BMJV
 
 
 
 

Bauforum


Stellen Sie Ihre Fragen an unsere Experten

Zu allen Fragen/Antworten im Bauforum »
 

Video-Tipp

  •  
    Wohngesundheit von Dachflächenfenstern Video: Sentinel Haus Institut
 

Prospekt-Tipp

 

Unsere Experten unterstützen Sie gerne bei Ihrer Bauplanung

Newsletter

Jetzt kostenlos anmelden und Sie bleiben auf dem Laufenden.

 
 
 
 
 
aktion-pro-eigenheim.de verwendet Cookies. Durch die Nutzung unseres Ratgeberportals stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Datenschutzerklärung